Sonntag, 11. April 2010

Kein Aprilscherz!

Sowas muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen!

Amtsgericht und Landgericht Wiesbaden waren nun seit dem Sommer 2009 mit einer Reihe von Verfahren rund um die Wegnahme einer aus dem Tierschutzverein Wiesbaden übernommenen Hündin beschäftigt.

Der Verein hatte die Hündin bei einem unangemeldeten Besuch ohne nähere Erläuterung aber unter einem vagen Verweis auf den angeblichen Verstoß gegen den Übernahmevertrag durch „einen Dritten“ herausverlangt, woraufhin die überrumpelte Übernehmerin den Hund heraus gab.

Es folgten vergebliche Klärungs- und Schlichtungsversuche gegenüber dem Verein, so dass es schließlich zu einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Herausgabe des Hundes der Übernehmerin gegenüber dem Tierschutzverein vor dem AG Wiesbaden (Az.: 91 C 3984/09 (82) kam. Da die zuständige Richterin, Frau Dr. von Werder, in dem Fall keine Eilbedürftigkeit sah, da sie die Junghündin, die zuvor in Haus und Garten der Übernehmerin gehalten worden war und die Hundeschule besuchte, in der Hundeanlage mit Zwingern des Tierheims des Tierschutzvereins bestens aufgehoben sah.

Die Übernehmerin der Hündin klagte daraufhin auf Herausgabe der Hündin vor dem AG Wiesbaden. Auch in dem Klageverfahren (Az.: 91 C 4359/09-82) war Frau Dr. von Werder die zuständige Richterin. Obwohl die Klage auf Herausgabe schon im Juli 2009 anhängig gemacht worden war, terminierte Frau Dr. von Werder die mündliche Verhandlung erst auf den 30.11.2009. Die agile Junghündin saß zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung somit bereits seit 5 Monaten wieder in der Zwingeranlage des Tierschutzvereins – der seinerseits die Zwingerhaltung in seinem Übergabevertrag unter Androhung von Vertragsstrafe und Herausgabeverlangen des Hundes verbietet.

Bereits während des noch laufenden Verfahrens versuchte der Verein die Hündin an Dritte abzugeben, was weitere gerichtliche Schritte im Rahmen eines Eilverfahrens notwendig machte, um dies erfolgreich zu verhindern. Das Gericht regte an, dass sich der Verein freiwillig verpflichten solle, die Hündin bis zur Entscheidung der Klage nicht zu veräußern. Nachdem der Verein hierzu nicht bereit war und der anwaltliche Vertreter des Vereins nicht einmal zur mündlichen Verhandlung erschien, erging der gerichtliche Beschluss, dass die Hündin bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht veräußert werden dürfe, oder sonst wie Dritten verschafft werden dürfe (AG Wiesbaden, Az.: 93 C 6184/09 (29).

Hiergegen legte der Verein Widerspruch ein. In der Verhandlung über den Widerspruch erschien der Vertreter des Vereins abermals nicht, sondern schickte aufgrund seiner angeblichen schwerer, kurzfristiger Erkrankung eine Kollegin, die dem Hinweis des Gerichts folgte, mit einer Entscheidung über die Weitergabe der Hündin an Dritte bis zur Entscheidung in der Klagesache zu warten und bis dahin über den Widerspruch nicht entscheiden zu lassen.

Die Klage auf Herausgabe der Hündin wurde abgewiesen. Zwar war unstreitig, dass die Übernehmerin und alleinige Unterzeichnerin des Übergabevertrags selbst zu keinem Zeitpunkt in irgendeiner Form gegen den Übergabevertrag verstoßen hatte. Aber angeblich habe dies eine dritte Person getan, nämlich ihr Mann..

Für eine dritte Person sei ein Übernehmer aber voll verantwortlich und habe stets dafür Sorge zu tragen, dass der Übernahmevertrag umfassend eingehalten wird.

Indem die Übernehmerin es hier ihrem Mann überließ, den Hund eine kurze Strecke bzw. auf dem Hundeplatz zu führen und es in diesen Momenten angeblich zum Verstoß gegen den Übernahmevertrag kam, sei ein „eigenes Verschulden gegeben, das zur Vertragsverletzung führe.“

Angemerkt sei noch, dass weder der Ehemann noch Zeugen im Rahmen des Verfahrens zu den angeblichen Verstößen jemals gehört wurden. Beweisangeboten wurde nicht nachgekommen.

Nachdem das Verfahren ganze Ordner füllte, umfassten die Entscheidungsgründe gerade eine DIN4-Seite.

Es liegt auf der Hand, dass die Konstruktion eines „Erfüllungsgehilfen“, der sobald er den Hund eines anderen an die Leine nimmt, dessen Übergabevertrag mit dem Tierschutzverein erfüllen soll, völlig lebensfremd ist.

Wäre dies der Fall, so müsste derjenige, der einen Tierschutzvertrag abgeschlossen hat, zunächst jedem, dem der Hund überlassen wird, diesen Übergabevertrag vorlegen. Dem nicht genug: Das Verhalten des „Erfüllungsgehilfen“ würde dem Übernehmer – so Frau Dr. Werder vom AG Wiesbaden – vollumfänglich zugerechnet, er würde dafür voll und ganz einstehen.

Verstößt dann dieser „Erfüllungsgehilfe“ bewusst oder unbewusst gegen eine noch so überraschende und exotische Klausel des Vertrags, hätte der Tierschutzverein sofort das Recht, den Hund gegenüber dem Übernehmer (!) heraus zu verlangen.
Denkt man sich die Auffassung von Frau Dr. Werder zu Ende, so würde dies dazu führen, dass der Übernehmer eines Hundes im Rahmen eines (Tier-)Schutzvertrages seinen Hund z.B.
bei urlaubs-, berufs- oder krankheitsbedinger Abwesenheit nie mehr in eine Hundepension oder eine sonstige Obhut geben könnte, da er Gefahr liefe, dass ihm der Hund vom Tierschutzverein weggenommen würde, falls die betreuende Person den Hund einmal im Garten bei schönem Wetter an einer Kette oder ähnlichem angebunden hätte;
niemals gefahrlos nach einem Eingriff zur Beobachtung beim Tierarzt lassen könnte, weil vielleicht eine Arzthelferin unwissentlich gegen die zahlreichen Klauseln des Übernahmevertrages des Tierschutzvereins verstoßen würde;
nicht zur Pflege in einem Hundesalon abgeben könnte, ohne Gefahr zu laufen, dass er seinen Hund weggenommen bekommt, wenn ein Mitarbeiter des Salons die Nerven verliert und den Hund schlägt;
niemals Dritten zum Spazierengehen mitgeben könnte, weil er nie sicher gehen könnte, ob nicht ein von dem Beklagten unerwünschtes Erziehungsmittel verwendet wird;
zu keinen Zeitpunkt, auch nur einen Augenblick (wie in diesem Fall), einem Dritten überlassen könnte, nicht einmal dem Ehemann oder anderen Familienangehörigen.

Es liegt auf der Hand, dass dies völlig an der Realität vorbei geht. Wäre dies die Intention eines (Tier-)Schutzvertrags, so könnte niemand mehr einen Hund oder ein anderes Heimtier aus einem Tierschutzverein übernehmen. Denn niemand kann lückenlos gewährleisten, dass er sein Tier sein ganzes Tierleben lang 24 St. am Tag selbst betreut oder dass bei der Betreuung durch andere der Vertrag stets eingehalten wird.

Die Übernehmerin legte gegen dieses Urteil dann folgerichtig auch Berufung ein. Aufgrund eines Verkehrsunfalls, mit erheblichen gesundheitlichen Folgen für die Übernehmerin des Hundes - sie benötigt aller Voraussicht nach ein künstliches Kniegelenk und kann aktuell nicht abschätzen, ob sie jemals wieder voll belastbar sein wird –, musste sie nach mehr als 8 Monaten den Kampf um ihre Hündin nun aufgeben.

Diese ist seit Juli 2009 weider im Tierheim und gilt laut dem Tierschutzverein Wiesbaden aufgrund ihrer Rassezugehörigkeit als schwer vermittelbar.

1 Kommentar:

  1. Die Schilderung ist Schwachfug. Ich kenne den Fall. Der Hund wurde mit Stachelhalsband geführt und getreten, zudem wurde er aufgehängt, um ihn zu würgen. Die Anwältin der Besitzerin meinte, das sei egal, weil dies ja der Ehemann getan habe, nicht die Übernehmerin - die aber dabei war. Da machte das Gericht nicht mit. Und das ist gut so! Und jetzt kann die Anwältin nicht verkraften, verloren zu haben, und verbreitet Unsinn.

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